Durst 07/2020

28  Markt & Trends Kolumne Claudio Del Principe schreibt über eine ganz spezielle Pasta Kulinarischer Ausflug nach Sardinien Weil viele Menschen wegen Corona Reisen ins Ausland noch scheuen, entführe ich Sie auf dieser Doppelseite nach Sardinien. Zu der Fregola Sarda. Das ist keine gewöhnliche Pasta. Schon gar keine, die man eben mal selber herstellt. Eigentlich müsste sie ins Weltkulturerbe aufgenommen werden. Die Jahrhunderte alte Form aus Sardinien feiert gerade Auferstehung. Leider wird sie oft zu banal zubereitet. Bei einer Fregola Sarda ai frutti di mare hingegen klatscht einem eine geballte Ladung Geschmacksbrandung um die Ohren. Ich bin etwas sinnesbetäubt und übertreibe. Aber nur ganz leicht. F regula, Fregola oder auch Freula ist eine traditionelle Pastasorte aus Sardinien. Sie wird im besten Fall handwerklich hergestellt. Aus nur zwei Zutaten: Hartweizen und Wasser. Das Mehl wird nach und nach mit Wasser vermischt und dann geduldig von ge­ übten Händen in einem weiten Tongefäss zu­ erst zu Klumpen und dann zu Kügelchen ge­ rollt, ähnlich wie Couscous. Danach wird sie langsam im Steinofen getrocknet, wodurch ihr zarte Röstaromen mit auf den Weg gegeben werden. Die aufwendige Herstellung ist auch der Grund, weshalb man sie nicht eben mal so schnell zu Hause selbst herstellt. Es gibt sie in diversen Körnungen, von fein über mittel bis gross. Industriell hergestellte Fregola ist eine Frechheit und sollte unbeach­ tet im Ladenregal liegen bleiben. Die noch grössere Frechheit aber ist, wie fantasielos Fregola zuweilen serviert wird. Wie Risotto schluckweise aufgiessen Es ist zwar erfreulich, dass Fregola Sarda ge­ rade sehr im Kommen ist und es sogar auf die Teller der Spitzengastronomie schafft. Leider schafft sie es aber nicht, sich über eine unge­ wohnte Stärkebeilage hinaus zu beweisen. Zu oft wird sie nämlich einfach nur wie gewöhn­ liche Pasta im Salzwasser gekocht und als warme Beilage oder als Tabouleh-Variante, d.h. Couscous-Salat serviert. Das raubt der Fregola die Seele. Sie sollte vielmehr, wie ein Risotto, schluckweise mit einer würzigen Brü­ he, am besten aus Meeresfrüchten, aufgegos­ sen werden. So wird daraus ein eigenständi­ ges Gericht mit Charakter. Fregola findet man mittlerweile in gut sortier­ ten Läden oder online. Meine Fregola habe ich bei Eataly gekauft. Sie stammt von Eticalimen­ ta in Bergamo. Die gebürtige Sardin Antonella Pinna Masia hat vor einigen Jahren das kleine Familienunternehmen gegründet und ver­ marktet wenige, hochwertige und ausserge­ wöhnliche handwerklich hergestellte Produk­ te aus ihrer Heimat. Traditionell wird Fregola mit Telline zubereitet. Das sind die kleinen Dreiecks- oder Koffermuscheln, die Deutsch auch Sägezähnchen heissen. Dazu werden die Muscheln kurz in einem Topf mit Deckel und sonst nichts gedämpft. Der austretende Mu­ schelsud wird durch ein feines Sieb passiert und aufgefangen. Die Fregola wird in einem Soffritto aus Olivenöl, Knoblauch und Petersi­ lie kurz angeröstet, mit Weisswein abgelöscht und dann mit dem Muschelsud und wenig Wasser wie ein Risotto eingekocht. Am Schluss kommen die Muscheln dazu, fri­ sche Petersilie und ein wenig Olivenöl. Sehr simpel, sehr schmackhaft.

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