Durst 02/2020
People & Unterhaltung 19 Die Schwinger stossen nach einemFest gerne mit einemBier an. Ist das bei den Schwingerinnen auch so oder gibt es auch in dieser Hinsicht Unterschiede? Nein, da gibt es keine grossen Unterschiede. Viele meiner Kolleginnen geniessen gerne ein Bier. Ich bin da eher eine Ausnahme, denn ich konsumiere praktisch keinen Alkohol. Ihre Eltern sind Landwirte und führen imSommer die Alpwirtschaft Wielesch. Sie helfen oft imService mit… … was zwar interessant ist, aber mir gefällt die Arbeit mit Tieren besser als der Umgang mit Menschen. Deshalb möchte ich mit meinem Freund, der ausgebildeter Landwirt ist, später mal den elterlichen Bauernhof übernehmen. Welche Erfahrungen haben Sie denn im Service gemacht? Bei uns kehren viele Familien und Biker ein, wir setzen stark auf regionale Produkte. Die meis- Sie sind Schwingerin und von Beruf Zimmerin. In Männerdomänen scheinen Sie sich wohl zu fühlen. Michelle Brunner: Ich habe schon früh lieber mit Buben trainiert und bin dem Zickenkrieg, den sich Mädchen oft liefern, aus dem Weg gegangen. Die Buben haben mich akzeptiert, und wenn einer imTraining gegenmich verloren hat, ist er von den Kollegen hochgenommen worden. Wir hatten es lustig untereinander. 2019 haben Sie die Jahreswertung gewonnen und sind damit Schwingerkönigin geworden. Wie haben Sie diese Saison erlebt? Ich war schon in den vorderen Jahren immer unter den besten zehn Schwingerinnen gewe- sen. 2019 hat nun erstmals alles gestimmt, denn nach Abschluss der Lehre hatte ich den Kopf frei. Ich war gut fokussiert und habe so auch dem Druck standhalten können und mich als Führende am Abschluss-Schwinget in Menznau vor 3000 Zuschauern behauptet. Der Schwingerkönig ist ein gefeierter Star und wird von vielen Sponsoren unterstützt. Was ist auf Sie zugekommen, seit Sie Schwingerkönigin sind? Ein paar Interviews und Anfragen von Schwing clubs, ob ich mal bei einem Training vorbei- kommen kann. Was das Sponsoring betrifft, hat mir mein Masseur Christian Drescher an- geboten, ein Jahr lang gratis für mich tätig zu sein. Das wars dann eigentlich schon. Stört Sie dieser grosse Aufmerksamkeits- unterschied zu den Männern nicht? Nein, ich stehe nicht gerne in der Öffentlichkeit und schätze das Familiäre amFrauenschwing sport. Deshalb habe ich bewusst keine PR-Ma- schinerie in Gang gesetzt, keineWebsite aufge- schaltet und auch sonst nichts unternommen. Ich konzentriere mich lieber darauf, den Titel erfolgreich zu verteidigen. Ich bin gespannt, wie sich die Gegnerinnen verhalten werden. Viele werden gegen die Königin wohl einen gestellten Gang anstreben und eher defensiv schwingen. Auf ein Bier mit Schwingerkönigin Michelle Brunner ten Gäste sind sehr angenehm. Sie schätzen die Ruhe, die Natur und die Einfachheit auf der Alp Wielesch, wo nur ein Generator Strom lie- fert. Es gibt aber auch Gäste, die das gleiche Angebot verlangen wie in einem Restaurant in der Stadt. Da muss ich jeweils den Kopf schüt- teln, wie verwöhnt viele Menschen sind. «Frauenschwingsport ist familiär» Schwingerkönigin! Michelle Brunner hat mit 21 Jahren den prestigeträchtigsten Titel gewonnen, den es im Frauenschwingsport gibt. Trotzdem ist die junge Frau aus dem Linthgebiet ruhig und bescheiden geblieben. DURST sprach mit ihr über Männerdomänen, ausbleibende Sponsoren und die Erfahrungen, die sie im Service des Alpwirtschaft-Betriebs ihrer Eltern gemacht hat. Die 21-jährige Schwingerkönigin ist auf dem elterlichen Bauernhof in Rieden SG aufge wachsen. Sie hat eine Lehre zur Zimmerin ab- solviert und arbeitet auf diesem Beruf. Seit 2016 führen ihre Eltern imSommer die Alpwirt- schaft Wielesch, wo Michelle Brunner regel- mässig im Service mithilft. Sie trainiert zwei- mal pro Woche. www.wielesch.ch M I CHE L L E BRUNNER Michelle Brunner beim Training im Schwingkeller.
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